Sprachbewusstheit und Sprachaufmerksamkeit

Ein Vorschlag für ein empirisch operationalisierbares Minimalprogramm

Autor/innen

  • Hans-Georg Müller
  • Franz Unterholzner

DOI:

https://doi.org/10.21248/dideu.93

Schlagworte:

Sprachbetrachtung, Sprachbewusstheit, Sprachaufmerksamkeit, Konzeptualisierung, Operationalisierung

Abstract

In diesem Beitrag wird eine auf empirische Operationalisierbarkeit ausgerichtete Neukonzeptualisierung des Arbeitsbereiches Sprachbetrachtung vorgeschlagen. Sie orientiert sich an aktuellen neurokognitiven Theorien von Bewusstheit und Aufmerksamkeit und gewährleistet damit interdisziplinäre Anschlussfähigkeit. Ferner bezweckt sie begriffliche Vereinfachung, Präzisierung und Eindeutigkeit innerhalb der Disziplin und eine partielle Umorientierung in der fachdidaktischen Modellbildung. Dazu werden Operationalisierungskriterien für die beiden Dimensionen Sprachbewusstheit und Sprachaufmerksamkeit vorgeschlagen. Aus ihrer Kreuzklassifikation ergeben sich vier sprachdidaktisch relevante Verarbeitungszustände, die eine disjunkte Zuordnung sprachlichen Verhaltens ermöglichen und damit Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen empirischen Untersuchungen gewährleisten.

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Veröffentlicht

2022-09-13

Zitationsvorschlag

Müller, H.-G., & Unterholzner, F. (2022). Sprachbewusstheit und Sprachaufmerksamkeit: Ein Vorschlag für ein empirisch operationalisierbares Minimalprogramm. Didaktik Deutsch, (52/53). https://doi.org/10.21248/dideu.93

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Rubrik

Forschungsbeiträge